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Hobby-Fotografie | © by Martina und Wolfgang

      Die Trollstig-Serpentinenstraße         Juli 2011

Durch das wunderschöne Romsdal geht es nun der Trollstig-Straße, der bekanntesten Touristen-Strecke Norwegens, ent-
gegen. Steile Bergwände säumen zu beiden Seiten die Zufahrtsstraße im Talgrund. Die Schienen der Bahnlinie verlaufen entlang der Straße und so ist die gesamte Talfläche ausgefüllt. Die Serpentinen sind etwa 20 km südlich von Åndalsnes.
Überall stürzen Wasserfälle zu Tale, kleinere und größere. Unsere Fahrstraße windet sich durch das enge Tal. Leuchtend weiße Schneefetzen liegen noch auf manchen Berghängen. Immer schmaler wird der Talgrund, für die Fahrstraße ist kaum noch Platz vorhanden. Immer wieder bilden nur Tunneldurchbrüche die Lösung, um hier überhaupt weiter zu kommen.
Aus Felsen, Wasser, Wald und Wolken breitet sich vor uns eine wunderbare Landschaft aus und dann fahren wir nach einer Kurve fast frontal auf eine riesige Felswand zu, die sich breit, hoch und behäbig vor uns auftürmt. In ihr befindet sich diese berühmte Serpentinenstraße Trollstigen mit ihren 11 zu überwindenden Haarnadelkurven. Trollstigen ist Teil der Provinzstraße 63 und führt vom Isterdal in elf Haarnadelkurven mit etwa zwölf Prozent Steigung hinauf bis zur Passhöhe, wobei sie eine Höhendifferenz von 405 m überwindet und an ihrer höchsten Stelle 700 m Höhe über dem Meeresspiegel erreicht.
Ca. auf halber Höhe der Serpentinen überquert die Straße, die Teil der Goldenen Route ist, den eindrucksvoll rauschen-
den und dicht neben der Straße befindlichen Wasserfall, den 320 Meter hohen Stigfossen. Die Straße ist nur wenige Meter breit, manchmal fast einspurig, so dass entgegenkommenden Fahrzeugen ausgewichen werden muss. Wegen des schroffen Geländes gibt es auf der Straße kaum Möglichkeiten zum Anhalten. Das ist erst oben auf der Passhöhe möglich.
Von unten gesehen zeichnen sich deutliche Serpentinen in ihrem Verlauf ab, die sich den Berg hinaufwinden und dann über ein Brücklein führen, das den Wasserfall quert. Winzige Fahrzeuge entdecken wir, die sich gerade hinaufquälen. Dabei sind sie sicher nicht kleiner, als es die unseren sind. Noch stehen wir unten, betrachten Wand und Infoschild.
Unwegsames Gestein ringsum. Es gibt keine Alternative als diese in den Felsen geschlagene Bergstraße. Was für eine Vorstellung jetzt, die Serpentinen, so nah dem schwindelnden Abgrund, empor zu fahren. Dass unser Bus über das win-
zige Brücklein fahren kann, wie ein Faden, der durchs Nadelöhr muss. Unser Bus steht bereit, wir müssen uns mit unseren Vorstellungen erst einkriegen. Angestrengt starren wir nach oben und unsere Gedanken fahren längst schon dort oben.
Also gut, besteigen wir den Bus! Lassen wir uns auf das Abenteuer ein, denken wir. Dem Verlauf werden wir folgen müs-
sen...noch einmal ziehen wir mit den Augen die Strecke nach, dann biegen wir vom Parkplatz auf die Nervenkitzelpiste ab.
Einen Bus haben wir vor uns wie zum Test, was der schafft, schaffen wir auch. In den Wendekurven müssen sämtliche großen Fahrzeuge bis zur Randbegrenzung heran fahren. Für uns wird dadurch immer wieder der Blick in den Abgrund freigegeben. Zaghaft spähen wir runter, nein, darauf verzichten wir nicht! Diese Höhe ist ein Erlebnis! Wir schaffen es, der Bus vor uns kriegt die Kurven ja auch gemeistert, aber ein kleines bisschen mulmig ist das Gefühl im Bauch trotzdem.
Immer wieder sehen wir aus dem Bus von oben in das lieblich geschwungene Tal und mit Belustigung auch hinunter auf den großen Parkplatz, auf dem wir soeben noch zitterten. Unaufhaltsam nähern wir uns dem schmalen Brücklein in halber Höhe und stellen fest, so winzig ist die ja gar nicht! Aber die Straße ist auch aus der Nähe betrachtet beängstigend steil.
Der Trollstig-Fall, Stigfossen genannt, rauscht, ja, er donnert regelrecht. Wir hören ihn, denn er ist uns jetzt schon ganz nah. Wir haben die vorletzte Biege vor der Brücke erreicht. Weit unter uns sind die Autos spielzeugklein zurück geblie-
ben. Selbst der vor uns fahrende Bus wirkt schon viel kleiner, als er in der Wirklichkeit ist.
Dann liegt auf einmal die Brücke vor uns. Dort oben angekommen sind wir also schon mal. Ausgerechnet jetzt haben wir auch noch Gegenverkehr und sind zum Ausweichen gezwungen. Reicht die Fahrbahnbreite überhaupt aus? Immerhin be-
findet sich unser Bus nicht auf der sicheren Berg- sondern auf der weitaus prekäreren Hangseite. Na Gottseidank, vorbei!
Noch auf allerletzter Steigung zwingt uns das von unserem Busfahrer gutwilig nach vorn gelassene Fahrzeug einen un-
freiwilligen Fahrtstopp auf. Wieder ermöglicht uns dies einen vorsichtigen Blick in die schwindelnde Tiefe. Das schöne Tal liegt weithin sichtbar unter uns. Es ist sonnig, kein Dunst verhüllt es. Ja, von hier oben sieht das alles ganz anders aus.
Wir fragen uns, ja, warum müssen wir hier eigentlich halten? Des Rätsels Lösung ist einfach. Fahrer und Beifahrerin des PKWs sind ausgestiegen, ihr Fahrzeug blockiert die Straße. Mit Gemütsruhe wird mitten auf der Brücke ein Erinnerungsfoto geschossen fürs private Album, mit Wasserfall im Hintergrund. Na die trauen sich ja was, hier alles aufzuhalten! Sämtliche Räder stehen still, von oben kommende und nach oben wollende, egal, an welcher Stelle des Hangs sie gerade sind.
Endlich geht es weiter. Schon haben wir eine Höhe von 852 m erreicht. In kurzen Kehren bleiben wir unmittelbar neben dem Wasserfall Stigfossen und danach geht es eine vorerst relativ gerade Straße empor, die sich erst streckt, sich dann am Abgrund entlang windet und uns erneut den tollen Blick ins Romsdal freigibt. An dem gewaltigen Wasserfall sehen wir, dass wir noch immer nicht ganz oben sind. Die Fahrstraße geht noch einmal rund um den ganzen Berg und dann haben wir den Blick auf die Trollstigstraße von oben samt Wasserfall frei, das sieht wirklich toll aus und lohnt uns die Auffahrt.
Oben auf dem offiziellen Parkplatz dürfen wir für eine festgelegte Zeitspanne aussteigen und uns auf die als Touristen-
attraktion gefertigte Aussichtsplattform begeben. Dort sehen wir eine Menge großer Wasserbecken. Ob die zum Rück-
halten sind, vielleicht zur Wasserregulation? Der genaue Zweck dieser Wasserbecken hat sich uns nicht erschlossen.
Es wird viel gebaut hier oben, um das Gelände noch attraktiver zu gestalten. Wir müssen etliche Baustellen umgehen. Auch die Besucher "bauen". Überall stehen als Touristengags viele Steinhaufen übereinandergetürmt, das sollen symbo-
lische Trolle sein. Alle wollen ihren eigenen Stein-Troll hinterlassen. So ehrgeizig sind wir nicht, wir stapeln keine Steine übereinander. Wir bannen sie stattdessen lieber aufs Foto. Eigentlich Leichtsinn, dafür die Absperrungen zu verlassen.
Unternehmungslustig klettern wir über die zusammengefügten Holzbrücken bis zur Aussichtsplattform nach vorn und sehen es uns an, wie der Stigfossen in die Tiefe stürzt. Gewaltige Wassermassen sind das, die hier über die Felskante abwärts stürzen. Wir müssen fürchterlich laut schreien, um das permanent laute Rauschen des Stigfossen zu übertönen.
Das Plateau ist ziemlich hoch gelegen, überall in der näheren Umgebung sind noch Schneereste zu finden und die Lufttem-
peratur ist merklich abgesunken. Unsere Windjacken sind wahrlich angebracht hier. Aber unsere Freude trübt das nicht.
Wir gehen so weit wie möglich nach vorn und nehmen diese großartigen Eindrücke in uns auf. Allerdings ist der Boden der letzten Plattform, die bis über den Wasserfall ragt, nur ein Metallgitter, das uns ungehindert den Blick in die Tiefe unter den eigenen Füßen freigibt. Das ist wahrlich ungewohnt und etwas irritierend beim Blick nach unten. Bloß gut, dass wir durch die Gitteröffnungen nicht durchrutschen können. So mager sind wir dann doch nicht...und das ist gut so.
Auf dem Rückweg zum Bus sehen wir Andenkenbuden und große Trollfiguren, die uns daran erinnern, dass hier Halte-
punkt einer Touristenstrecke ist. Wir müssen sehen, wo wir sind. Also unverzichtbar sind sie, die Souvenier, Souvenirs...!

 
 © Martina & Wolfgang Müller / 2009  <== zurück zur Auswahl