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Nachdenklich bis ernste Gedichte | Martina Müller
 
Rückblick


» Komm und sei mir unwillkommen ! «
- schwebte über mir als Kind -
hat die Liebe mitgenommen;
ließ zurück nur rauen Wind.

Konnte nie mich sicher lehnen
an die Hand, die mich doch schlug;
Abwehr war in mir und Sehnen.
Stummer Schrei war Seelenpflug.

Widerspruch, der unverstanden,
mich vertrieb und grenzte aus,
ließ bei Anflug mich nicht landen.
Ich zerschellte schon zu Haus.

Musste bauen mich aus Scherben,
aus dem Schutt, der übrig blieb,
und aus Trauer vor dem Sterben
fand ich Worte - und ich schrieb.

Konnte mich von Lasten trennen,
suchte schreibend mein Profil;
lernte mich erst selber kennen,
als ich wusste, was ich will.

Sprache war mir warme Welle,
die zuweil' mich hat umspült;
das Gespür gespeist wie Quelle
und vor Kälte mich verhüllt.

Musste Worte finden, setzen,
fühlend tasten bis ich fand,
zwischen Wehmut und Entsetzen,
- noch voll Abwehr - eine Hand.

Konnt' Distanzen überbrücken,
trat aus Schatten hin ins Licht,
ohne weiter mich zu bücken,
nutzte ich mein Gleichgewicht.

Muss mein I C H nie mehr vermissen,
hart erkämpft, geb ich's nicht her;
meine Seele - einst zerrissen -
spürt den Riss schon längst nicht mehr.

Jedes Kind, das ich geboren,
nahm ich an und hielt es warm,
dass nie eines sei verloren,
so wie ich einst und so arm.



Text und Foto: © by Martina Müller

 
 © Martina Müller / 2009