Die Sonne scheint auf den gedeckten Frühstückstisch
und malt mir dort mit Können Kringel, filigrane -
das ist ein fröhlich Morgenbild - ich fühl mich frisch.
Draus wird bestimmt ein Sonntag, allererster Sahne...
...so denk ich, brühe den Kaffee und sein Aroma
durchzieht als Hauch die Räume, macht die andern wach.
Die erste, die bei mir erscheint, ist unsre Oma -
die andern kommen schwerer aus dem Bett und nach.
"Die Sonne scheint so schön, es ist ja hier so helle",
bemerkt sie heiter und lacht mit dem kleinsten Kind,
die angelt sich aus Omas Hand ihr Fläschchen schnelle,
kuschelt sich an Omi ran und trinkt geschwind.
Nun gut, die erste Hürde ist für heut genommen;
es finden alle Sechse sich zur Runde ein,
allein das Baby hat sein Fläschchen schon bekommen
und amüsiert satt und zufrieden den Verein.
"Was, heute gibt’s wohl keine Brötchen!" - ist das Erste,
gleich nach dem Nuschelgutenmorgengruß vom Sohn...
Das war doch kaum ein Kompliment, das überhörste,
zum schönen Sonnensonntag passt nicht dieser Ton.
"Verflixt, warum ist denn der Honig alle, grade,
zu dieser Zeit, wenn ich davon was essen möcht?"
Zwar kann ich es verstehn, dass das bestimmt ist schade,
doch wär er auf dem Tisch, dann wärs ja auch nicht recht.
Mein Söhnchen schweigt, er guckt verbiestert und verdrossen
zum Fenster hin und in den schönen Sonnenschein;
da kommt ihm plötzlich wie in seinen Kopf geschossen
schon wieder ne Idee und die lässt ihn laut schrein:
"Gerade ins Gesicht krieg ich die blöde Sonne;
kann da nicht endlich einer von euch mal dran drehn,
wie soll ich irgend etwas essen?!" tönts vom Sohne,
denn so könnt er sein Essen überhaupt nicht sehn...
Nur notgedrungen schafft der Vater wieder Frieden,
indem am Fenster er zieht an der Rollo-Schnur;
dem Frühstückstisch wird Sonne nun nicht mehr beschieden,
der Tisch steht drin, die Sonne scheint ja draußen nur.
Die Sonne schien mal auf den Tisch, auf den gedeckten;
ließ farbenfroh und heiter ihn im Lichtertanz
ein solches fröhlich Morgenbild sein, das entdeckten
von den sechs Augenpaaren hier nur zweie ganz.
Text: © by Martina Müller
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