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3 x Popcorn bitte ! | Martina & Wolfgang
  5. Wie Relationen täuschen

"Kleinschweinchen sind dazu da, zu lernen, was fürs Leben notwendig ist!", sagte die Mama. Das mit der Futterei und dem Ver-
kriechen bei Furcht wussten wir schon von ganz allein - nur durchs Abgucken bei den anderen - und jeder trug zum Lernen bei.

Erst nach unserem Umzug bemerkten wir, dass die Welt nicht bloß aus Mama und uns besteht, sondern dass sie weitaus dichter
bevölkert sein muss. Wir lernten nämlich unseren Riesenonkel Herkules kennen und auch unseren Minipapa Hinkebeinchen.
Wow, was für ein Unterschied!, dachten wir und zogen uns
natürlich gleich aus Respekt vor diesem Riesen zurück und
meinten, in dem Winzigpapa einen ständigen Spielgefähr-
ten zu finden. Welch Irrtum!
Onkel Riese erwies sich als gemütlicher Berg, der für jeden
Spaß und Schabernack zu haben war. Unser Papa aber er-
zwang sich seine Ruhezeiten, indem er uns von jetzt auf
plötzlich unwirsch beiseite schob. Mit ihm durften wir im-
mer nur kurz hopsen und springen. Danach verschwand er
in seiner Hütte. Dann war es nicht sehr empfehlenswert,
ihn weiter zu bedrängen. Dass er schwer herzkrank war und was das für ihn bedeutet, wussten wir damals noch nicht.
Mehrmals täglich erschienen bei uns auch Zweibeiner, die unsere Meerschweinwohnung sehr kritisch besichtigten, aber dann doch keinen
Versuch machten, auch bei uns einzuziehen. Sie beschränkten sich nur darauf, mit ihren Händen reinzukommen, um uns Leckerbissen
zu reichen. Das erlaubten wir ihnen natürlich gern. Die Hände waren gleichzeitig auch die Putzkolonne, die uns die nassen Eckchen leerte
und sie mit angenehm trockenen Spänen füllte. Also waren Hände uns im Großen und Ganzen ausgesprochen willkommene Eindringlinge,
denn ihr glaubt gar nicht, wie oft sechs Schweinchen am Tag pieseln und was dabei so an Nässe zusammenkommt.

Unangenehm wurde es uns nur immer dann, wenn die Hände ausnahmsweise uns ergriffen und von den anderen wegtrugen, weil Schwein-
chen-TÜV dran war. Wir schrien zuerst wie am Spieß, aber dann merkten wir schnell, dass sie uns nur in eine Schale setzten, um unsere Ge-
wichte zu erfahren. Sie durchwühlten unser Fellkostüm, um nach Milben und Haarlingen zu suchen, die sie natürlich nicht fanden und sie woll-
ten sehen, ob wir gut gedeihen. Jedenfalls machten sie uns keinerlei unnötigen Ärger und wir ihnen demzufolge auch nicht.

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 © Martina & Wolfgang Müller / 2009